Montag, 17. Februar 2014

Nachruf

Als ich von Deinem Tod gelesen habe, saß ich einige Momente lang vor meinem Bildschirm. Wortlos. Fassungslos. Die Tränen sind mir still die Wangen hinabgerollt, aber den Jammer ausdrücken, den ich angesichts der gelesenen Worte empfand, konnten sie nicht. In einem solchen Moment sind Worte zu wenig, Tränen zu wenig, und wahrscheinlich auch jeder geschriebene Nachruf zu wenig.

Denn sie können nicht ermessen, welche Persönlichkeit diese Welt verlassen hat, wieviele schöne oder seltsame Erinnerungen man mit diesem Jemand verbindet. Sie können nicht die Gesamtheit festhalten, die so plötzlich verloren gegangen ist und nicht mehr in dieser Form existieren wird. Vielleicht können Worte ein wenig Trost spenden, zeigen, dass man versteht, dass man ähnlich empfindet wie diejenigen, die näher standen, deren Herz mehr an dieser scheidenden Persönlichkeit hingen. 

Aber leider nicht mehr. Der Tod macht nach wie vor fassungslos, hilflos, lässt mich wünschen, ich könnte eine Fernbedienung nutzen, die alles auf Anfang stellt, die Entwicklung eines Lebens noch einmal von vorn beginnen lässt. Neuer Raum für Erlebnisse, Schönes, Schreckliches, Angst, Freude und Trauer. Die Wünsche jedoch reichen nicht: Die Hilflosigkeit bleibt.

Also will ich mich erinnern und diese Erinnerung an das unendliche Netz weitergeben, sie einspeisen, damit sie wie so viele andere Fragmente unserer Zeit nicht vergessen wird. Vielleicht stoßen Forscher in vielen hundert Jahren auf diesen Text und halten für einen Moment inne, empfinden nach, verstehen. Vielleicht auch nicht. Aber es ist einen Versuch wert.

Foto: (c) N.Rompel
Wer dieses Foto sieht, wird sich vielleicht denken: Ein Nachruf auf einen Hund? Was soll denn das nun bringen? Es ist doch nur ein Tier.

Für mich jedoch nicht. Winnie, Du warst ein Hund. Aber Du warst auch eine besondere Persönlichkeit. Du hast mir die Angst vor Hunden genommen, die mich viele Jahre seit meiner Kindheit begleitet hatte, ganz unprätentiös, einfach durch Deine Freundlichkeit, Deine Aufmerksamkeit, Dein liebevolles Sein.
Als hättest Du geahnt, dass ich Dir am liebsten ausgewichen wäre, kamst Du immer vertrauensvoll und schwanzwedelnd zu mir, hast Dich nicht aufgedrängt, warst einfach da. Das war genug, und langsam ließ das innere Beben nach. Dafür danke ich Dir, denn das war zuvor keinem Hund und keinem Menschen gelungen. Du wirst immer DER HUND sein für mich.

Du warst ein Freund für alle Tiere in Deiner Umgebung, ein liebevoller Ziehvater, einer, bei dem auch Katzen und andere Tiere lernen konnten, dass große Hunde nichts schreckliches sein müssen, sondern vielmehr ein Partner bei so manchem Blödsinn sein können. Du warst einer, der ohne Worte, die Deiner Spezies nun einmal nicht gegeben sind, dennoch vieles sagen konnte. Und der, wenn es darauf ankam, immer ein Freund war - vor allem für Deine Besitzerin. 

Du warst der Typ, der mit wachsender und nie enden wollender Begeisterung den siffigsten (weil hundespuckigsten) Tennisball herbeigeschleppt und mich dann mit diesem halb hoffenden, halb harrenden Blick so lange verfolgt hat, bis ich das verdammte Ding wieder und wieder fortgeschleudert habe. Eigentlich immer viel länger, als ich eigentlich wollte. Aber Dir beim Laufen zuzusehen, die Freude zu bemerken, die Dir dieses simple, fingerverschleimende Spiel gemacht hat, war immer viel zu ansteckend. Diese Freude werde ich in meinem Bild von Dir ganz sicher bewahren.

Winnie, die Welt wird ohne Dich weitergehen, aber ihr wird ein Stück fehlen. Eine besondere Persönlichkeit fehlt nun in dieser Welt, ein kleinstes Teilchen, das sie für mich schöner gemacht hat. Wo immer Du jetzt bist: Ich hoffe, dass da jemand sein wird, der diesen verdammten, siffigen Tennisball für Dich wirft, bis Du irgendwann müde genug bist, dass Du von selbst nicht mehr willst.

Nur ein Tier? Ganz bestimmt nicht. Ein Lebensbegleiter, der sechzehn Jahre lang Freud und Leid einer guten Freundin mitgelebt hat. Es gibt viele Beziehungen, die nicht einmal ein Jahr halten und weit weniger stark fundiert sind wie diese. Ein Freund. Einer, der gefühlt viel zu früh gehen musste, und der ein hoffentlich erfülltes und glückliches Leben hatte.
Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem ich tun muss, was Winnies Frauchen getan hat und doch weiss ich, er wird unausweichlich sein. Eine Entscheidung, die man sich mit ins Haus holt, wenn man ein felliges, süßes Bündel zur Tür herein trägt und eine Persönlichkeit in sein Leben lässt. Hoffentlich bin ich dann nicht die einzige, die sich an meine beiden miauenden Geduldsprüfer erinnert.

Fare thee well, Winnie. Und danke, dass ich ein kleiner Teil Deines Lebens sein durfte.

4 Kommentare:

  1. Ein Hund ist niemals einfach nur ein Tier. Jedenfalls nicht für den Menschen, der bereit und willens ist - und es verdient hat! -, eine Beziehung zu einem Hund aufzubauen.

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    1. Ich denke, das ist bei jedem innig geliebten Haustier der Fall - und die wenigsten Menschen, die ohne Haustier leben, können das verstehen. Meine beiden - auch wenn es keine Hunde sind - will ich absolut nicht missen.

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  2. Awww. :(
    *trostknuddel*

    (Und über Menschen, die sowas sagen wie 'nur ein Tier', da hab ich eine deutliche und eindeutige Meinung, die ich denen auch ins Gesicht sage.)

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    1. Ich schreibe sie lieber :) und Winnie bleibt hoffentlich lange in Erinnerung. Egal ob als Tier oder als Persönlichkeit.

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